Abmahnwelle wegen Google-Fonts

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Insider77
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Abmahnwelle wegen Google-Fonts

Beitrag von Insider77 » Di 23. Aug 2022, 15:28

+++ Wegen Google-Schriftart: NÖ Anwalt mahnt "halb" Österreich ab +++

* Wer hat eine solches Schreiben bzgl. angeblichem Datenschutz erhalten?

Die Massenaussendung soll von Mag. Marcus Hohenecker (Groß-Enzersdorf/NÖ) ehem. Vorstand der Piratenpartei kommen, der damit anscheinend die schnelle Kohle machen möchte, und auf Überweisung von 190€ pro Brief hofft.
Hompage: https://hohenecker.at/

Bericht: https://www.derstandard.at/story/200013 ... uer-google

* Ein User einer Internetagentur schreibt auf einer Forum-Seite folgendes zu dem Fall:

"Auch Kunden unserer Internetagentur haben das Schreiben erhalten. Und ja, tatsächlich sind auf manchen dieser Websites Google-Schriften eingebunden. Aber wie schon einige Vorkommentare schreiben, sind hektische Aktionen nicht angebracht, eher - wie meist in solchen Fällen - ganz im Gegenteil.

Auf manchen unserer Kundenwebsites finden sich Zugriffe von den im Schreiben genannten IP-Adressen. Doch da private Internetnutzer bei jeder Einwahl ins Internet eine neue, variable IP-Adresse erhalten, könnte das auch jemand ganz anderer gewesen sein - vor allem, wo der Anwalt (wohl bewusst) keinen genauen Zugriffszeitpunkt seiner "Mandantin" nennt. Bei jedem Vergehen muss aber üblicherweise der genaue "Tatzeitpunkt" genannt werden, denn sonst könnte ja jeder alles behaupten. Ohne Beweis des Zugriffs genau seiner "Mandantin" auf die jeweilige Website, zB. durch einen Auszug aus ihrem Browserverlauf, ist man wohl niemandem irgend eine Rechenschaft schuldig. Wer imstande ist, binnen Sekunden penibel Quellcodes fremder Websites zu analysieren, für den wäre die nötige Übermittlung des Browserverlaufs bestimmt kein Problem - aber zu viel Arbeit für einen billigen Betrug.

Das Zugriffsmuster ist recht auffällig. Besucht wurde ausschließlich eine einzige Seite: die Startseite, zwischen 3 und 11 Sekunden lang. In so kurzer Zeit kann niemand die Einbindung der Google Schriften samt Screenshot und Quellcodeauszug erheben. Das kann aber eine automatisierte Bot-Software, welche genau diesen Zweck verfolgt. Doch eine Software ist keine "Person", es wären dann aber keinerlei "personenbezogenen Daten" übertragen worden - und die DSGVO wäre überhaupt nicht anzuwenden, das Schreiben vollkommen irrelevant.

Ein Anschreiben mit derartigem Inhalt hätte eigentlich eingeschrieben versendet werden müssen, denn ansonsten kann es durchaus sein, dass man es gar nicht erhält. Noch dazu sah es eher aus wie ein Werbeschreiben. Das war dem guten Herrn Anwalt aber offenbar zu teuer - er wusste wohl, dass auf die ganze Aktion ohnedies nur Leichtgläubige reinfallen. Wer ihm nun antwortet, beweist damit eigentlich nur eines: dass er das Schreiben erhalten hat. Was man ansonsten auch einfach in Abrede stellen kann. Insofern teilen wir nicht die Meinung der WKO, dass man das DSGVO-Auskunftsbegehren "jedenfalls" beantworten müsste, fehlen doch wesentliche Voraussetzungen dafür.

Die angebliche Vollmacht der angeblichen "Mandantin" trägt das Datum 4. August - die Zugriffe auf die beanstandeten Website erfolgten aber erst über eine Woche später! Wozu erteilt man vorab eine Vollmacht zur Verfolgung eines Schadens aufgrund eines Verhaltens, das man dann selber erst (bewusst) setzt? Sollten (was technisch sehr einfach ist) geplant und bewusst Websites herausgefiltert werden, auf denen Google-Schriften eingebunden sind, um diese anschließend abzumahnen? Die behauptete Datenübermittlung in die USA hätte dann gerade nicht „ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen“ stattgefunden. Wer aber nach Fehlern sucht und das Übermitteln seiner Daten an Google nicht nur in Kauf nimmt, sondern – um an die erhoffte Schadensersatzzahlung zu kommen – regelrecht beabsichtigt, verliert nicht die Kontrolle über seine Daten. Damit ist aber sein allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht verletzt und kann kein Schadensersatzanspruch begründet werden! Ein solches Vorgehen wäre im Gegenteil u.U. sogar selbst strafbar.

Besonders grotesk ist aber die Aufforderung des Anwalts, man solle die Vergleichskosten mit dem einfachen Zahlungszweck "Vergleich" auf sein Konto anweisen. Es stellt sich nun eine ganz einfache, aber folgenschwere Frage: Wie ordnet er eingehende Zahlungen den angeschriebenen Websiten zu und wie weiß er, wen er nicht mehr verfolgen muss? In den meisten Fällen wird das Konto des Zahlenden ganz anders heißen, wie die Internetdomain. Und bei den tausenden Schreiben, die er ausgeschickt hat, würde das selbst manuell nicht herauszufinden sein. Damit erweist sich das Schreiben für uns als der übliche plumpe Versuch, gutgläubigen Menschen Geld aus der Tasche zu ziehen - wer "dumm genug" war, tatsächlich zu zahlen, ist sozusagen selber schuld. Verfolgen wird er wohl kaum jemanden, er weiß ja nicht wen (und das würde ihn selbst vorab eine Menge Geld kosten). Aber wenn nur ein paar hundert auf den Schmäh hereinfallen, hat er schnell einiges an "billigem" Geld gemacht.

Wir glauben nach allem, was wir inzwischen herausfinden konnten - aber das ist natürlich kein juristischer Rat - dass man auch in diesem Fall nur eines mit dem Schreiben tun muss: ab damit in den Mistkübel und keine weitere Zeit damit verschwenden (so wie wir...)."

Auf dieser Seite: https://www.dataprotect.at/2022/08/19/g ... ste-welle/

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Re: Abmahnwelle wegen Google-Fonts

Beitrag von Fred » Di 23. Aug 2022, 19:22

Hier gibt es auch Infos:

https://abmahnung.wtf/

Auch im Geizhals-Forum gibt es einen Thread dazu.

https://forum.geizhals.at/t904341.html

Mir ist unverständlich, wie eine solche Abzocke, einfach möglich ist.
Man kann sich alleine gar nicht wehren, man bracht einen Rechtsanwalt.

Fred

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Re: Abmahnwelle wegen Google-Fonts

Beitrag von maxedl » Di 23. Aug 2022, 19:42

Tja so gesehen wieder mal ein Versuch so viel Geld als möglich von der unwissenden Masse zu bekommen.
Gerade weil die Briefe nicht eingeschrieben kommen fällt es für mich unter das Thema Phishing und sollte bei der Polizei angezeigt werden.
Sind solche Massenabmahnungen den in Österreich erlaubt?
Von Deutschland, wo ja laut derStandard ein Urteil in München eine Welle an Massenabmahnungen losgetreten hat, kennt man so etwas ja.

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Re: Abmahnwelle wegen Google-Fonts

Beitrag von Reiter » Di 23. Aug 2022, 21:29

Guten Abend.
Für solche Fälle gbit es Versicherungen.
Ich zitiere dazu einen Spruch aus alten Zeiten: "Der kluge Mann baut vor..."
Auf heute gemünzt müsste der Spruch wohl lauten: "Der kluge Mann/die kluge Frau/ das kluge "Es" baut vor...."

Nix für ungut
Reiter.

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